Sabrina bringt nach Gebärmutterhalskrebs ein Kind zur Welt und erkrankt erneut daran!
Nach der ersten Diagnose entscheidet sie sich für eine gebärmuttererhaltende Operation. Dies gelingt und nach weiteren Operationen und einigen Jahren später wird sie schwanger. Die Chancen lebend ein gesundes Kind zur Welt zu bringen, werden als sehr gering eingeschätzt. Nach 111 Tagen liegend und mit der Unterstützung ihres Mannes bringt sie ihre Tochter per Kaiserschnitt gesund zur Welt.
Als ihre Tochter 4 Jahre alt ist, erkrankt Sabrina zum zweiten Mal an Gebärmutterhalskrebs. Neben seelischen Narben hat sie auch mit körperlichen Einschränkungen nach einer Radiochemotherapie zu kämpfen. Sie engagiert sich für eine flächendeckende HPV-Impfung, um ihrer Tochter und anderen die Folgen dieser Erkrankung zu ersparen.
Diagnose Gebärmutterhalskrebs mit 34 Jahren
Meine erste Krebsdiagnose erhielt ich im Alter von 34 Jahren. Zu einer Zeit, als ich alleinstehend war und mich noch nicht intensiv mit dem Thema Kinderwunsch auseinandergesetzt hatte.
Nach einer routinemäßigen Vorsorgeuntersuchung bei meinem Frauenarzt wurde ich von dem Befund des Zellabstriches sehr überrascht: PAP IV A, also eine direkte Vorstufe von Gebärmutterhalskrebs, die eine Konisation zwingend erforderlich machte (einen operativen Eingriff, bei dem ein Gewebekegel aus dem Gebärmutterhals entnommen wird). In einem Belegkrankenhaus in Wiesbaden wurde die OP durchgeführt. Während ich auf das Ergebnis wartete, wurde mir bewusst, dass es in der Vergangenheit bereits Anzeichen für eine Krebserkrankung gegeben hatte (wie etwa menstuationsunabhändige Blutungen), ich diese Warnsignale jedoch nicht ernst genug genommen hatte. Vielmehr hatte ich mich mit regelmäßigen Arztbesuchen und PAP II Befunden beruhigt und war den Warnsignalen nicht weiter nachgegangen.
Unglücklicherweise kam es nach der OP zu Komplikationen: Die Wunde blutete so stark nach, dass eine Notoperation durchgeführt werden musste. Der Befund, den ich im Anschluss an die vorgenommene Ausschabung (Abrasio) und die Konisation erhielt, war ein erneuter Schock: Die Krebsgeschwulst (ein Adenokarzinom) konnte nicht „im Gesunden“ (also ohne Resttumorzellen an den Rändern) entfernt werden. Die Empfehlung der Ärzte lautete daher Hysterektomie – Gebärmutterentfernung.
Was sollte ich tun? Ich wollte meine Gebärmutter nicht kampflos aufgeben und machte mich auf die Suche nach Alternativen. Dabei fand ich einen Arzt, der gerade eine Studie durchführte, für die er mittels Trachelektomie („Trachelos“: griechisch für „Hals“) gebärmuttererhaltend operierte. Um an dieser Studie teilzunehmen, reiste ich von Wiesbaden nach Jena. Bei der Aufnahme ins Krankenhaus fragte ich direkt, wann die Operation sei und wie viel später ich wieder nachhause fahren könne. „Das weiß man bei Krebspatienten nicht“, lautete die ernüchternde Antwort. Für mich war der Schritt in das Krankenhaus der Schritt in eine neue Welt.
Gebärmutterhalskrebs-Operationen
Mein behandelnder Arzt Prof. Dr. Schneider band mich wunderbar in die Erstellung der Behandlungsstrategie und die Entscheidungen über den Behandlungsablauf ein. Zunächst wurde eine Laparoskopie durchgeführt, eine damals vierstündige minimalinvasive OP, bei der mittels Kontrastmittel der Wächterlymphknoten aufgespürt und ein weiteres Stück des Gebärmutterhalses entfernt wurde. Das Ergebnis war einerseits positiv, da noch keine Lymphknoten befallen waren, andererseits befanden sich die veränderten Zellen jedoch bereits sehr nahe an der Gebärmutter. Zudem handelte es sich bei meinem Tumor um ein Adenokarzinom – was ich damals unterschätzte. Es gibt zwei Arten von Karzinomen bei Gebärmutterhalskrebs: Adenokarzinom und Plattenepithelkarzinom. Ersteres ist seltener und schwerer zu erkennen als ein Plattenepithelkarzinom, da es die Formation der gesunden Zellen stärker imitiert – und leider ist es auch gefährlicher.
Professor Schneider und ich entschieden, die gebärmuttererhaltende OP per Trachelektomie zu versuchen. Die Operation, bei der der Gebärmutterhals und die Scheide verkürzt wurden, dauerte fünf Stunden. Die Tage danach verbachte ich mit Nachdenken und Hoffen sowie der Ungewissheit, was die Histologie wohl bringen würde. Ich versuchte, mich mit Musikhören und Telefonaten mit Freunden abzulenken, aber es war Herbst, die Blätter fielen von den Bäumen, und ich fühlte mich manchmal ziemlich allein in Jena.
Doch dann kam die freudige Nachricht: Es war geschafft. Ich hatte meine Gebärmutter erhalten und wurde nach Beschluss des Tumorboards als geheilt entlassen.
Die Freude währte allerdings nicht lange: drei Monate später, im Januar 2004, waren erneut humane Papillomviren (HPV) nachweisbar. Bis 2007 folgten mehrere OPs aufgrund von Gebärmutterhaltsverschluss, schlechten PAP Befunden und HPV Nachweisen.
Schwangerschaft nach der Krebserkrankung
Mittlerweile hatte ich meinen Mann kennengelernt und wir versuchten, ein Kind zu bekommen. Da unser Kinderwunsch unerfüllt blieb, ließen wir in einem Kinderwunschzentrum Inseminationen durchführen. Nach einigen Fehlversuchen entschieden wir uns für eine in vitro Fertilisation, für die im Vorfeld meine Blutwerte bestimmt wurden. Kurz darauf erhielt ich einen Anruf des Reproduktionsmediziners, der mir mitteilte, dass ich schwanger sei. Dies hielt ich eher für einen Witz, weshalb ich es zuhause nicht sofort erzählte, sondern zuerst zu meiner Frauenärztin ging. Und dann sah ich unser kleines Mädchen, wie sie in meinem Bauch strampelte – 15 cm groß. Ich war in der 14. Woche!
Leider war dies fast der einzige glückliche Moment der gesamten Schwangerschaft. Zuerst wollte keiner eine Fruchtwasseruntersuchung durchführen, da das Risiko für einen Abgang aufgrund der vorherigen Operationen als zu hoch eingeschätzt wurde. Dann ging mein Gebärmutterhals, der in seiner Funktion nicht kalkulierbar war, auf. Aufgrund seiner operativen Verkürzung war mein Gebärmutterhals anstelle der im Durchschnitt üblichen 4 cm nur noch 1,2 cm lang – wie sollte er mein Baby halten?
Schwangerschaftsverlauf und Geburt nach Gebärmutterhalskrebs
Im Liegen leben: Ich kam ins Krankenhaus und lag dort 111 Tage. Zunächst mit Bettpfanne, ausgebremst im Glück. Ich bekam Mittel verabreicht, die die Lungenreifung unseres Kindes beschleunigen sollten, und einen venösen Zugang gelegt, durch den Tag und Nacht ein Wehen-hemmendes Medikament floss. Nach etwa zwei Wochen strengster Bettruhe erlaubte ich mir alle vier Stunden den Gang zur Toilette und alle zwei Tage eine Sitzdusche. Ansonsten fand mein Leben nicht statt. Ich musste im Bett liegend essen und war zur Untätigkeit verdammt – ich konnte nach all der langen Zeit noch nicht einmal meinem Besuch sagen, wo er die Blumenvasen auf dem Gang findet. Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich würde liegen müssen, und hätte ich es vorher gewusst, hätte ich es nicht geschafft. Es war ein selbstgemachtes Gefängnis, in dem mich alles beunruhigte. Jede Bewegung meines Babys machte mir Angst. Ich fürchtete, sie könnte sich verfrüht auf den Weg in die Welt machen und nicht lebensfähig sein. Und die Aussichten waren schlecht, ein Bettchen auf der Station der Kinderintensivmedizin stand bereit. Das also war meine Schwangerschaft: Kein Geburtsvorbereitungskurs, kein Teetrinken in der Stadt mit Babybauch, keine Einkaufsbummel, um die Erstausstattung für das Baby zu besorgen – nichts. Nur Tag für Tag Angst, 111 Tage lang.
In der 37. Woche wurde dann per Kaiserschnitt unsere Tochter auf die Welt geholt. Sie wog 2.300 Gramm und war 49 cm groß – und sie war gesund!
Leider habe ich mir im Zuge der Kaiserschnitt-Operation nicht gleich die Gebärmutter entfernen lassen. Ein folgenschwerer Fehler.
Langzeitfolgen und Nachsorge
Kaum ein halbes Jahr später ergab eine Gewebeuntersuchung den Befund CIN II, also eine mittelschwere Zellveränderung. Eine Ausschabung folgte, bald darauf kam es erneut zu einem Gebärmutterhalsverschluss. Es nahm kein Ende. Ich entschied mich, eine Mirena Spirale einsetzen zu lassen, da diese langfristig den Aufbau von Gebärmutterschleimhaut verhindert und damit die Ansammlung von Menstrualblut in der Gebärmutter vermieden werden sollte.
In den folgenden Jahren ging ich drei- bis viermal jährlich zur Nachsorge. Alle Ärzte waren sich sicher, dass ich keinen Gebärmutterhalskrebs mehr bekommen würde. Doch da lagen sie leider falsch.
Erneuter Krebsbefund im Jahr 2012
Zwei Mal, im August 2011 und im Februar 2012, hatte ich plötzlich unerträgliche Unterleibsschmerzen. Da die Schmerzen jedoch nach kurzer Zeit wieder weg waren, erwähnte ich sie zwar bei meinem Arzt, ein MRT oder CT wurde jedoch nicht gemacht. Eine Abstrichuntersuchung im Februar 2012 erbrachte den Befund PAP II, also keinen Verdacht auf Krebs oder eine andere schwerwiegende Gewebeveränderung.
Im April 2012 hatte ich wässerigen, unkontrollierbaren Ausfluss. Und irgendetwas drückte auf meinen Brustkorb. Eine Ultraschalluntersuchung blieb ergebnislos – der Arzt übersah die bereits vorliegende Flüssigkeitsansammlung im Bauchraum (Aszites). Eine Ausschabung erbrachte den Befund Carcinoma in situ, also einer Krebsvorstufe. Daraufhin entschied ich, mich nun doch von meiner Gebärmutter zu trennen – und das schnellstens. Bis zum Tag der OP glaubte ich noch, dass ich die Eierstöcke würde erhalten können. Dann kam der Tag, der alles veränderte.